• Peter Maxwell Davies: The Medium
  • Duo Harfe - Stimme
  • Die Bücher der Zeiten
  • Peter Maxwell Davies: Eight Songs for a Mad King & Miss Donnithorne's Maggot

Davies' 50-minütiges Monodrama für Mezzosopran solo stellt in seiner dramatischen Vielgestaltigkeit eine besondere Herausforderung für Darstellerin als auch Publikum dar. Auf engstem Raum entwickelt sich, was als Séance oder Darbietung einer professionellen Handleserin zu deuten sein mag, zur buchstäblichen Höllenfahrt einer Frau in die Abgründe ihrer eigenen Geschichte. Das Publikum hat dabei nicht das Privileg, aus sicherer Distanz einem Spektakel beizuwohnen, sondern wird als Dialogpartner des Mediums in die von ihr heraufbeschworenen, oft kryptischen Situationen und Szenerien verwickelt.

Anne-May Krüger - The Medium

Regie/Ausstattung: Marcelo Cardoso Gama

Premiere: Oktober 2010, Landestheater Tübingen

"Ein Juwel zwischen dem teils recht modischen Glitter des Tübinger Stadtfestivals war die Aufführung von „The Medium“, einem Monodram des britischen Komponisten Peter Maxwell Davies durch die Mezzosopranistin Anne-May Krüger im Landestheater Tübingen. [...] Anne-May Krüger [demonstrierte] alle Fassetten ihrer Kunst und fesselte das Publikum bis zur letzten Minute. Ihr Regisseur Marcelo Cardoso Gama verzichtete auf „Wahnsinns-Gänge“ im Raum, auf theatrale Einlagen und überhaupt auf alles Überflüssige. Verrücktheit als Verismo: Krüger agierte auf einem Podest nicht größer als ein Dirigentenpult und dennoch genug Raum für sie, um den Wahnsinn nach und nach in sich ausbrechen zu lassen - und die Zuseher nach Art der „Verrückten“ mit hineinzuziehen in ihre eingebildete Welt."

Andreas Kolb, Neue Musikzeitung online, 19.10.2010

Weitere Informationen zur Inszenierung finden Sie auch im Exposé zum Herunterladen (pdf).

Die Zusammenarbeit mit der Harfenistin Beate Anton begann 2007 im Rahmen einer Produktion der Jungen Oper des Nationaltheaters Mannheim. Das erste Konzertprogramm des Duos, Lieder von zu Hause und unterwegs, umfaßt Volkslieder in Bearbeitungen von Johannes Brahms, Luciano Berio, Maurice Ravel u.a.

Ihr neues Programms heißt L´énigme éternelle und schlägt mit seiner Auswahl an geistlichen Werken den Bogen vom Barock bis in die Gegenwart. Es war erstmals im März 2011 im Rahmen der Stunde der Kirchenmusik an der Stadtkirche Nürtingen zu hören.

Da beide Künstlerinnen einen Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Beschäftigung mit Neuer Musik sehen, sind sie derzeit mit Komponisten wie Mike Svoboda und Keiko Harada im Gespräch über eigens für sie geschriebene bzw. für sie arrangierte Werke und hoffen so, das zeitgenössische Repertoire für diese sehr reizvolle Besetzung zu erweitern.

Duo Harfe Stimme

mit

Svea Schildknecht, Céline Wasmer, Anne-May Krüger – Gesang
Mike Svoboda – Posaune
Michael Kiedaisch – Perkussion

 

Als kaum Achtzehnjähriger verfasste Friedrich Hölderlin (1770-1843) das monumentale Gedicht Die Bücher der Zeiten. Angelehnt an die "Bücher" der Offenbarung, in denen die Werke der Menschen niedergeschrieben seien, um sie am Tag der Auferstehung nach diesen zu richten, kündet das Werk in drei Teilen von den "Gräueln des Erdengeschlechts", der Erlösung durch Christus, den Errungenschaften der Menschheit und dem gerechten Lohn dafür. Mike Svoboda (*1960) überträgt die Verkündigung dieser apokalyptischen Vision drei Frauenstimmen und knüpft damit an mythologische Figuren wie die Nornen, die Seherinnen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an. Sie singen, deklamieren, hauchen den Text, verspinnen ihn zu unentwirrbaren Klanggebilden und lassen Worte aus dem biblischen Bilderrausch aufscheinen, die uns davon erzählen, daß der Mensch durch die Größe seiner Taten Gott gleich werden kann. Dabei zieht Svoboda der semantischen nicht selten die klangliche Ausdeutung des Textes vor, erweitert in diesen Momenten das Gesangstrio zum Quartett mit der Posaune und betont in seiner Klangsprache die Archaik des Gedichts. Dem archaischen Moment ist auch das Schlagzeug mit seinen Naturklängen verpflichtet. Gemeinsam mit der Posaune verstärkt es die Struktur des Texts und sinnt ihm in instrumentalen Interludien nach. Instrumente und Stimmen deuten ineinander verschränkt die Dichtung aus und verschmelzen in ihren Klangfarben.
 

Zur Aufnahme der Uraufführung am 20.09.14 bei Musica Sacra Maastricht/NL (Niederländisches Radio)

Weitere Informationen finden Sie auch im Exposé zum Herunterladen (pdf).

«Not ill, but nervous»

Der britische Komponist Sir Peter Maxwell Davies hat sich in seinem umfangreichen Œuvre gleich mehrmals mit dem Phänomen des Wahnsinns befasst. Zumeist sind dies Werke, in denen ein Sänger-Darsteller allein agiert. In seinem berühmten Werk «Eight Songs for a Mad King» (1969) wie auch in «Miss Donnithorne’s Maggot» (1974) und «The Medium» (1981) beleuchtet er minutiös und kunstvoll die Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft. Nach «The Medium» widmen sich Mezzosopranistin Anne-May Krüger (Miss Donnithorne) und der Regisseur Marcelo Cardoso Gama sowie Carl Rosman (King George III.) nun also den Vorgängerwerken. In der Basler Realisierung, das gleichzeitig Teil eines Forschungsprojekts zur Aufführungspraxis der Neuen Musik an der Hochschule für Musik Basel ist, leitete Mike Svoboda das Ensemble zone expérimentale

Zu den Trailern:
Carl Rosman - Eight Songs for a Mad King
Foto: Willi Vogl

In «Eight Songs for a Mad King» stellt Peter Maxwell Davies drastisch und berührend die Hilflosigkeit des Individuums dar. Das 30-minütige Werk für einen Vokalisten und Ensemble geht auf den Leidensweg des englischen Königs George III. zurück, dessen Wahnsinn auf eine heute leicht zu heilende Stoffwechselerkrankung zurück geführt werden konnte. Als Patient des späten 18. bzw. beginnenden 19. Jahrhunderts war der Monarch jedoch den damals üblichen Praktiken wie Aderlass oder Festbinden ans Bett ausgesetzt, die seinen Zustand weiter verschlechterten.

Das von Randolph Stow verfasste Libretto basiert zu grossen Teilen auf überlieferten Begebenheiten und Aussagen Georges III. und gibt Situationen von grosser Intimität und Verzweiflung wieder. Davies macht mit seiner Musik die Welt des Hofes aus einer quasi verschobenen Perspektive erlebbar und lässt den Zuhörer teilhaben an der Instabilität der Realitäten. Die besondere Brutalität der Figur des King George, die sich einerseits in der Stimmbehandlung, andererseits in szenischen Aktionen manifestiert und bis zur Zerstörung eines Instruments gesteigert wird – Inbegriff kultureller Werte –, resultiert aus den luziden Momenten des Königs, in denen er sich seiner Situation bewusst wird. Es sind diese Wechsel zwischen Wahn und Bei-Sich-sein, die das Werk und die Figur so berührend machen. 

Anne-May Krüger - Miss Donnithorne's Maggot
Foto: NIcole Nars-Zimmer

Miss Donnithorne wurde am Tag ihrer Hochzeit von ihrem Bräutigam verlassen. Die Braut kann ihr Schicksal nicht akzeptieren und verharrt bis zu ihrem Lebensende in dem allmählich verwesenden Hochzeitsbankett – die Uhren still gestellt, das Brautkleid allmählich an ihrem Körper zerfallend. Doch diese Abschottung von der Aussenwelt schützt sie nicht vor den Anfeindungen der Gesellschaft. Zu gut hat sie selbst verinnerlicht, welche Schande ihre Situation für eine Frau der Viktorianischen Ära bedeutet. Ausserdem dringt das Instrumentalensemble, als Abbild der Gesellschaft, immer wieder in Miss Donnithornes Isolation ein und treibt sie letztlich in den Wahnsinn. In beiden Stücken treibt Davies die Gefühle in einem Hin und Her auf die Spitze, bis es schliesslich kein Zurück mehr gibt und die Figuren in ihrer eigenen, einsamen Welt gefangen bleiben.

Zum Video

Krüger, Davies, Rosman - Not ill, but nervous
A.-M. Krüger, P. M. Davies, C. Rosman 2014 in Basel; Foto: Willi Vogl

Beide Werke wurden innerhalb einer Projektwoche im Februar 2014 mit Sir Peter Maxwell Davies an der Hochschule für Musik Basel erarbeitet.

Rezensionen:

Mit freundlicher Unterstützung:

Hochschule für Musik Basel/FHNW
Förderverein der Musik-Akademie Basel
Theater Basel